Overheated in Portland

Wir sind auf dem Weg in die nächste Grossstadt der USA. Portland ist zwar keine Millionenstadt wie Seattle, hat aber trotzdem auch sehr viele Menschen und Verkehr. Wir sind uns nicht so sicher, wo wir übernachten sollen und auch nicht wo wir Lenny für einen Tag sicher parken können. Auch die App iOverlander, mit welcher wir die meisten unserer Schlafplätze finden, hilft nicht gross weiter. Vermeintlich sichere Plätze haben Kommentare, die auf Überfälle und gar Schiessereien hinweisen. Wir fahren deshalb mal den ersten Platz an, denn online kommen wir nicht weiter. Im Alberta-Quartier, einem alten und mal heruntergekommenen Viertel, ist heute neues Leben erwacht und ist nun ein hippes Quartier mit vielen Restaurants und Cafés. Wir nehmen einen Parkplatz direkt vor einer alternativen Medizin und Massage Praxis und analysieren die Lage. Die wenigen Obdachlosen scheinen kein Interesse an uns zu haben und wir entscheiden uns, es zu wagen. Wir nehmen den Bus nach Downtown.

Portland ist bekannt für die über 500 Foodtrucks die in der Stadt verteilt an sogenannten Pods stehen. Ein Pod ist eine Ansammlung dieser Trucks, zum Teil sogar mit gemütlichen Sitzgelegenheiten in der Mitte. Das ist auch der Grund, wieso wir unbedingt nach Portland wollten – wir sind halt schon bizzali verfressene Foodies 😊 Es gibt aber auch noch weitere coole Sachen in Portland, zum Beispiel den Powell’s Store of Books, einen riiiiiesigen, wirklich riesigen, Buchladen mit neuen aber auch gebrauchten Büchern. Hier kann man sogar seine eigenen gebrauchten Bücher dem Laden zurückverkaufen. Der Buchladen ist für uns aber auch sonst ein willkommener Stopp, denn er ist angenehm klimatisiert. Draussen sind bereits am Morgen 30°C.

Wir probieren uns natürlich auch durch die Foodstände. Angefangen in Downtown beim 5th-Street-Pod, dann nehmen wir den Bus ans andere Ende der Stadt, nach East Portland zum Cartopia Pod, danach mit dem nächsten Bus in den Missisippi Marketplace in North Portland. Wir sind viel Bus gefahren 😊 Von den Foodständen sind wir leider nur mässig überzeugt. Es war fein, aber die Auswahl hält sich in Grenzen, denn viele Stände sind geschlossen. Das liegt aber sicherlich auch daran, dass es Dienstagnachmittag bei 36°C im Schatten und zudem Ferienzeit ist. Uns selber ist es ja eigentlich auch viel zu heiss… Deshalb kühlen wir uns mit ein bisschen Bier runter. Der einzige Bierstand bei unserem letzten Stopp ist ein deutscher Laden namens «Prost!» und schenkt Münchner Hofbräuhausbier aus, na dann Prost!

Per Uber geht’s dann einmal quer durch North Portland zu unserem «Schlafplatz» im Alberta Quartier. Nennen wir es mal nicht Schlafplatz, denn geschlafen haben wir kaum. Wir haben uns nicht viel gedacht… bei fast 40 Grad Lenny in der prallen Sonne am Strassenrand den ganzen Tag stehen zu lassen. Lenny wurde über den Tag zur Sauna bzw. schon eher zur Folterkammer. Wir gehen mal nicht davon aus, dass schon mal jemand so doof war und versucht hat bei einer Tropennacht im tagsüber aufgeheizten Auto in einer ebenfalls sehr aufgeheizten Stadt zu schlafen. Falls doch, dann könnt ihr mit uns mitfühlen. Sogar die Matratze hat sich richtig aufgeheizt und es fühlt sich an als würde man auf einem Ofen liegen. Wir versuchen so gut wie möglich zu lüften, aber es will einfach nicht abkühlen. An Schlaf ist nicht zu denken. Als wir schon langsam anfangen zu halluzinieren und uns ganz komische Gedanken beherrschen müssen wir handeln. Wir haben keine andere Wahl als um den Block zu fahren mit der Klimaanlage voll aufgedreht und das Ganze im Pyjama. Sieht wohl nur ein bisschen verdächtig aus so ein fremder Van mitten in der Nacht in einem Wohnquartier. Als wir dann zurück in unseren Parkplatz einbiegen fährt dann auch tatsächlich die Polizei an uns vorbei. Hui uns ist grad kurz das Herz in die Hose gerutscht, denn vielleicht hätten wir, wenn es darauf angekommen wäre, ein Hofbräuhausbier zu viel intus :-S Das machen wir sonst nie, deswegen haben wir uns den Schlafplatz ja auch vorher ausgesucht und sind mit dem ÖV in die Stadt gefahren. Aber diese Hitze hat uns wirklich wahnsinnig gemacht und wir haben sogar ab und zu geprüft, ob der andere noch atmet. Mit wenig bis gar keinem Schlaf und einer fast-Überhitzung überstehen wir die Horror-Nacht irgendwie dann doch noch.

Nach der dringend nötigen Dusche besorgen wir uns in Portland am nächsten Tag dann noch neue Schuhe für Lenny. Die alten Pneus sind schon recht runtergefahren. Lenny wird heute zum Traktor, so ein Profil hatte er noch nie, die nächsten Schotterstrassen können kommen 😊

Wir fahren in Richtung Küste. Die Oregon Coast ist wunderschön. Endlose Strände, hohe Klippen, eiskaltes Wasser und viel Nebel und Regen. Wir haben Glück und haben ein bisschen von allem, ausser vom Regen. Ein bisschen Nebel am Morgen und dann Sonnenschein und sommerliche Temperaturen. Das erste Städtchen ist Cannon Beach. Ein herziges Küstenstädtchen mit schönem Sandstrand. Bekannt ist es auch für den Haystack Rock, einem Felsen, der in der Brandung steht und ein Vogelschutzgebiet ist. Wir nutzen die Gelegenheit und verbringen heute den ganzen Tag am Strand. Nach dem Desaster in Portland und den frühen Weckern in den Nationalparks können wir das Rumliegen am Strand gut gebrauchen.

Die nächsten Tage fahren wir die Küste runter. Wir stoppen an wunderschönen Aussichtspunkten, machen Spaziergänge am Strand, gönnen uns frischen Seafood, geniessen unglaubliche Sonnenuntergänge und schlafen direkt am Strand. Die Küste in Oregon ist, im Vergleich zu derjenigen die uns in Kalifornien erwartet, nicht so touristisch und daher auch nicht so überlaufen und reguliert. Es gibt viele Plätze, direkt am Strand oder auf Klippen mit Sicht auf das Meer, auf welchen das Übernachten geduldet wird. Wir lieben es!

Wir haben noch nicht genug von der Küste, dennoch entscheiden wir uns, einen «kleinen» Abstecher ins Landesinnere zu machen. Wir wollen noch an den Crater Lake.

Die Hauptattraktion im Crater Lake Nationalpark ist der Kratersee, wie es der Name ja sagt. Ein unglaublich blau leuchtender See auf 2000 Metern Höhe. Der See ist fast 700 Meter tief und ist der tiefste See der USA. Er gehört damit auch zu den tiefsten Seen der Welt. Auf dem Rim, also der Kante des Kraters, führt eine Strasse einmal rund um den See. Auf der 50 Kilometer langen Strasse gibt es mehrere Aussichtspunkte und Wanderungen, die den See von jeweils anderer Perspektive ganz neu erstrahlen lässt. Steffi holt sich auf der Wanderung auf einen der Aussichtspunkte etwas zu viel Sonne und gibt den Löffel für den Rest des Tages schon bald ab. Es gibt zwar noch eine langersehnte Pizza und wir backen Brötli fürs Sunrise-Zmorge, doch den Wein muss Manuel selber austrinken 😊

Um 5 Uhr weckt uns der nervige Wecker wieder, wir haben wieder geplant den Sonnenaufgang anzuschauen. Doch wir können uns nicht aufraffen. Steffi hat immer noch Kopfweh und Manuel hat immer noch etwas Wein im Kopf. Wir lassen den Sonnenaufgang aus und schlafen lieber noch etwas weiter.

Es geht zurück an die Küste. Wir fahren nach Bandon und machen weiter, wo wir an der Küste aufgehört haben: Seafood zum Znacht, gefolgt von einem traumhaften Sonnenuntergang und schlafen mit Sicht aufs Meer. Auch in den nächsten Tagen ändert sich nicht viel. Es hört sich eintönig an, aber aufwachen und einschlafen zu den Wellen des Pazifiks, daran könnte man sich gewöhnen. Wir lieben es auf jeden Fall und hoffen, dass es auch in Kalifornien noch einige solche Plätze gibt.

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