Hoch über den Pyramiden

Schon viel haben wir von den Grutas gehört und gesehen. Die Grutas Tolantango sind ein Erholungsgebiet/Vergnügungspark/Wellnessoase für die Mexikaner und besonders an Wochenende sehr beliebt. Hauptattraktion sind die heissen Quellen welche sowohl den gestauten Fluss als auch die Pools auf angenehme Temperatur bringen (wenn auch Steffi immer wieder erwähnt, dass ein paar Grad wärmer doch noch schön wären 😊). Es gibt ausserdem eine Höhle und eine Grotte, in welche man bis zu 80 Meter in den dampfenden Berg reinschwimmen kann.

Wir erreichen die Grutas im Bundesstaat Hidalgo am Donnerstag gegen Mittag und hoffen so den grossen Ansturm am Wochenende noch etwas zuvorzukommen. So ist es auch. Es hat zwar schon einige Mexikaner, die ihre Zelte aufgeschlagen haben (dazu später mehr) doch wir finden noch ein schönes Plätzli direkt am warmen Fluss. Wir haben nun einen kitschigen, türkisfarbigen, warmen Fluss sozusagen im Vorgarten.

Das Wasser im Fluss hat die schöne türkise Farbe aufgrund des Gesteines der umliegenden Berge. Die Grutas liegen mitten in einem Canyon und das Wasser kommt von den kalkhaltigen Bergen rundherum. Auch bei den Pozas (den warmen Pools im Hang) sieht man den Kalk. Die künstlich angelegten Pools sind mit einer Kalkschicht überzogen und sehen gar nicht mehr so von Hand gemacht aus. Wir geniessen zwei Tage, mehr oder weniger einfach im Wasser. Wir besuchen auch den Tunnel, der bis zu 80 Meter in den Fels reingeht und die Grotte die hinter einem Wasserfall versteckt ist. Das Wasser hier ist nochmals wärmer, den hier kommt das Wasser direkt aus dem Felsen.

Wir haben etwas Angst, vor dem Samstag. Wir reisen zwar weiter, doch es ist auch der Anreisetag aller Wochenend-Besuchern aus Mexiko City und Umgebung. Und tatsächlich, schon frühmorgens kommen die ersten Gäste. Wir stehen zwar auch sehr früh auf, um nochmals kurz die Pozas zu geniessen, doch mit gestern ist es nicht mehr zu vergleichen. Es hat viele Leute und es werden immer mehr. Private Pools war gestern, heute teilt man mit 10 andern und direkt neben dem Pool stehen teilweise Zelte. Es gibt nicht gross Regeln, wo man campieren darf, und das nutzen die Mexikaner aus. Entweder direkt vor dem Restaurant oder neben dem Pool. Egal ob alles nass oder dreckig wird, Hauptsache man muss keine zwei Meter laufen um zu Essen oder zu Baden. Wer schon mal am St. Gallen Openair war, kennt sicher die nicht so beliebten Campingplätze im steilen Hang. Das ist nichts dagegen, wo die Mexikaner ihre Zelte aufstellen. Und das freiwillig!!!

Wir machen uns ready für die Abfahrt. Denn der Zeltplatz ist nicht mehr gemütlich. Wir haben zum Glück etwas einen abgeschirmten Platz, doch bei unseren belgischen Nachbarn sitzt eine mexikanische Grossfamilie schon sozusagen auf dem Camper. So nahe stehen die Zelte. Auch die eigens mitgebrachte mobile Küche und Grillstellen stehen nur wenige Meter daneben und dampfen das Wohnmobil der Belgier so richtig ein. Wir fliehen, bevor uns dasselbe widerfährt, und fahren den Canyon wieder hoch.

Unser nächstes Ziel liegt direkt vor den Toren der Hauptstadt. Keine 50 Kilometer vor der Millionenstadt liegt eine der bedeutendsten prähistorischen Ruinenstätten Amerikas: Teotihuacán. Vor 2000 Jahren war hier das wirtschaftliche Zentrum Amerikas und es lebten über 200’000 Menschen in der Region. Doch bereits im Jahre 750 war die Stadt aus nicht geklärten Gründen mehrheitlich verlassen. Bereits die Azteken fanden die Stadt als Ruine vor, man weiss bis heute nicht, welches Volk die Stadt gebaut hat und was deren genaue Bedeutung war. Da es auch keine geschriebene Sprache gibt, ist alles, was man über die Erbauer weiss lediglich aus der Interpretation von Funden entstanden. Die berühmtesten Bauten der Stadt sind die Sonnenpyramide und die Mondpyramide. Die Sonnenpyramide ist die 3 grösste Pyramide der Welt. Darüber hinaus gibt es noch diverse Wohnkomplexe und andere kleinere Pyramiden oder Gebäude zu bestaunen.

Um den Besuchermassen zu entgehen, stehen wir frühmorgens auf, denn die Anlage öffnet ihre Tore um 8 Uhr. Zum Glück schlafen wir keine 5 Minuten Fussmarsch von Eingang entfernt auf einer Wiese eines Restaurants. Wir schlendern gut drei Stunden durch die alten Gassen der Stadt und über die «Strasse der Toten» die den kompletten Komplex verbindet. Umso später es wird, umso voller wird die Anlage. Man merkt, wie immer mehr Busse mit Tagestouristen aus der Stadt ankommen. Zeit für uns wieder zurück zu Lenny zu gehen. Wir wollen nämlich noch einen Ausflug für morgen organisieren: eine Ballonfahrt über die Pyramiden.

Die Ballonfahrt über die Pyramiden ist in Teotihuacán die Krönung des Besuches. Denn seit einigen Jahren dürfen die Pyramiden von den Besuchern nicht mehr bestiegen werden, so ist dies die einzige Möglichkeit die Stadt auch von oben zu sehen. Wir durchstöbern die Angebote im Internet und können uns nicht entscheiden, denn es gibt sooo viele Angebote. Schlussendlich fragen wir einen Angestellten des Restaurants und über seine Kontakte kann er uns dann für einen guten Preis einen Flug organisieren. Wir freuen uns riesig auf morgenfrüh. Nur die Uhrzeit macht uns noch etwas Sorgen… Aufstehen um 5 Uhr!

Das Aufstehen ging leichter als gedacht. Es ist zwar saukalt, aber wir freuen uns auf das Abenteuer. Wir werden beim Restaurant abgeholt und zum Startplatz gefahren, wo es noch einen Kaffee zum Wach werden gibt. Die ersten Ballone sind bereits ausgebreitet und die Piloten testen die Gasbrenner und die Körbe. Kurz vor Sonnenaufgang heben wir ab und fliegen auf einer Höhe von etwa 400 Metern in Richtung Pyramiden. Mit uns fliegt eine Vielzahl an Ballonen mit. Der tägliche Ballonstart von bis zu 100 Ballonen gehört zu einem der grössten regelmässigen Ballonstarts der Welt und wir sind mittendrin. Es ist mega schön, denn es sind nicht einfach irgendwelche hässlichen Ballone mit Logos von Firmen drauf, wie man es in der Schweiz kennt. Jeder Ballon hat sein eigenes Farbmuster. Aus all den Ballonen gibt das ein farbiges Schauspiel der besonderen Art. Man kann es gar nicht beschreiben, es ist mega cool und definitiv jeden Peso wert.

Nach gut einer Stunde in der Luft steuern wir auf eine Wiese neben einem Kaktusfeld zu. Hier wollen wir landen. Und der Pilot macht eine Punktlandung direkt auf dem Anhänger der Helfer am Boden. Beeindruckend wie genau man dieses Ding steuern kann. Zur Feier des erfolgreichen Fluges gibt es noch ein Glas Schaumwein (was Steffi natürlich besonders freut), bevor wir uns zurück auf den Stellplatz machen. Da wir den Flug über das Restaurant gebucht haben, kriegen wir noch ein Frühstück dazu. Wir wählen das typisch mexikanische: Enchiladas Rojas und Chilaquiles Verdes. Sehr lecker!

Die nächsten Tage wollen wir uns ins Getümmel der Grossstadt werfen. Wir sind uns unklar, ob wir reinfahren sollen oder nicht. Grundsätzlich wäre es kein Problem, anscheinend sei der Verkehr machbar, wenn man nicht gleich zu Pendlerzeiten fährt. Doch einen Hacken hat es. Mexiko City hat ein riesen Smog-Problem und hat deshalb das Konzept «Hoy no Circula» eingeführt. Je nach Autokennzeichen darf man an gewissen Tagen zu gewissen Uhrzeiten nicht fahren. Bei uns mit der 7 am Schluss wäre das dann ein Fahrverbot am Dienstag von 5-11 Uhr und den ganzen Samstag. Als Tourist kann man dafür aber eine kostenlose Sondergenehmigung lösen. Dann kommt aber das eigentliche Problem… Diesel ist in der Stadt komplett verboten. Wir könnten uns also eine happige Busse riskieren oder einfach das Auto ausserhalb Parken, unseren Rucksack packen und den Bus in die Stadt nehmen. Wir entscheiden uns für den Rucksack und Bus, das haben wir ja schon lange nicht mehr gemacht 😊 Im Restaurant fragen wir nach und können Lenny für 4 weitere Nächte stehen lassen.

Somit heisst es nun, Rucksack packen, Hotel buchen und mit dem ÖV auf ins Getümmel!

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